Kaum hat sich die Hysterie um die DSGV etwas gelegt, kommt der nächste Spuk um die Ecke. Ist dir aufgefallen, dass in letzter Zeit gefühlt jeder zweite Post in den sozialen Medien als Werbung markiert wird? Werbung wegen Produktnennung. Werbung wegen Verlinkung, Werbung wegen Pressereise … Speziell auf Instagram und Facebook finden sich ziemlich absurde Werbehinweise.
Disclaimer: Dieser Artikel ist keine Rechtsberatung, er dient lediglich der unverbindlichen Information. Ich hafte nicht für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Hinweise. Recherchiert habe ich den Text natürlich dennoch mit größtmöglicher Sorgfalt.
Grund ist allerdings nicht eine inflationär gestiegene Zahl der Werbekampagnen von Unternehmen mit Bloggern, sondern ein Urteil des Landgerichtes Berlin. Demnach betreibt Werbung, wer Marken auf seinen Instagram-Bildern verlinkt – selbst wenn dafür weder Geld noch Gegenleistungen im Spiel sind. Es reicht, wenn das Unternehmen einen Vorteil erzielen könnte.
Seitdem ist die Influencer-Szene in heller Aufregung und pappt auf beinahe alles nun das Label Werbung. Was nicht nur kontraproduktiv ist, weil damit die Transparenz komplett flöten geht. Viel schlimmer ist, dass kaum einer weiß, wo die Grenzen zwischen Content und Schleichwerbung denn nun tatsächlich liegen. Selbst von Medienanwälten ist derzeit zu hören, man müsse abwarten, wie die Richter in weiteren Abmahnprozessen entscheiden.
Im Klartext heißt das: Jeder, der im Internet Inhalte veröffentlicht, könnte künftig Probleme bekommen – wenn er weiterhin nur das Werbung nennt, wo (mit gesundem Menschenverstand urteilend) auch Werbung drin ist.
Was du tun kannst, um gar nicht erst den Verdacht auf Schleichwerbung in deinen Inhalten aufkommen zu lassen – die 7 wichtigsten Fragen und Antworten:
Was ist Schleichwerbung?
Werbung, die nicht auf Anhieb erkennbar ist und die einen kommerziellen Hintergrund verschleiert. Inhalte, die neutral erscheinen, tatsächlich aber wirtschaftlich beeinflusst worden sind, beispielsweise durch das Zeigen von Produkten eines Herstellers oder das Nennen seines Namens. Fehlt ein entsprechender Hinweis, wird der Nutzer getäuscht und sein Vertrauen missbraucht. Deshalb ist Schleichwerbung verboten.
Fakt ist und bleibt: Werbung muss gekennzeichnet werden, in sozialen Netzwerken und auf Websites ebenso wie in den klassischen Medien wie Zeitung, Radio und TV. Ein kommerzieller Zweck muss auf den ersten Blick für den Nutzer erkennbar sein.
Wann müssen Produkte oder Marken als Werbung gekennzeichnet werden?
Nicht jedes Produkt, das gepostet wird, gilt als Werbung. Juristen verstehen unter Werbung jede geschäftliche Äußerung mit dem Ziel, den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen zu fördern. Wird jemand in kommerzieller Absicht direkt oder indirekt beeinflusst, muss das gekennzeichnet werden.
Ausnahmen gelten, wenn die Inhalte sich mit Alltäglichem der eigenen Person (und deren Vorlieben) befassen oder bei redaktionellen Beiträgen wie Rezensionen, die sich objektiv mit einem Produkt beschäftigen, ohne dass dafür bezahlt wurde. Darunter fallen auch Berichte über Neues in einer Branche.
Müssen Unternehmen ihre Produkte auf den eigenen Kanälen und Websites als Werbung kennzeichnen?
Normalerweise nicht. Dass Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen verkaufen wollen, ist allgemein bekannt. Wenn ein Nutzer also die Website oder den Social-Media-Kanal eines Unternehmens nutzt und sich dort über dessen Produkte informiert, dürfte ihm das geschäftliches Interesse bewusst sein. In diesen Fällen müssen Produkte ausnahmsweise nicht gekennzeichnet werden.
Wo liegt die Grenze zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung?
Da sind sich leider auch viele Juristen nicht einig. Die einen werten bereits das Taggen (Markieren) von Unternehmen und Marken auf Instagram als kommerzielle Absicht, weil der Nutzer in den jeweiligen Shop gelangen und Produkte kaufen könnte – und das wäre absatzfördernd.
Auch ein Hashtag mit dem Namen des Unternehmens/Produkts kann als werblich gelten. Wer in dieser Grauzone auf Nummer sicher gehen will, sollte solche Social-Media-Beiträge als Werbung kennzeichnen.
Wie kennzeichne ich werbliche Inhalte richtig?
Werbliche Inhalte müssen einem Durchschnittsnutzer auf Anhieb als solche erkennbar sein. Das heißt, der Werbehinweis muss ganz am Anfang eines Beitrages stehen. Ein Zweizeiler unter dem Text, das beliebte Schlagwort „Ad“ oder ein Hashtag (zwischen vielen) reichen also nicht aus.
Üblich als Werbehinweis sind in Deutschland die Begriffe „Werbung“ oder „Anzeige“. Die können auch direkt im Bild oder im Video stehen.
Was ist bei bezahlten Blogger- und Pressereisen oder kostenlos überlassenen Produkten/Dienstleistungen zu beachten?
Wie so oft: Es kommt darauf an. Wer einen Reisejournalisten oder -blogger einlädt und die Kosten dafür übernimmt, ermöglicht ihm damit überhaupt erst, darüber zu berichten. Das wäre Rechercheunterstützung, keine Werbung, vorausgesetzt, es werden keine Vorgaben gemacht zum Inhalt der Beiträge. Wird zusätzlich zu den Reisekosten Honorar gezahlt, ist dies ganz klar Werbung und muss gekennzeichnet werden.
Viele Reiseblogs und auch einige Zeitungen legen inzwischen generell offen, ob die Reise auf Einladung oder auf eigene Kosten stattgefunden hat. Denn klar ist auch: Wer eingeladen wird, ist unter Umständen doch nicht mehr ganz so kritisch und neutral.
Ähnliches gilt bei Produkten, die zum Testen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Auch hier ist ein Hinweis angebracht à la „wurde mir von xy kostenlos zur Verfügung gestellt“. Fließt Geld, ist es Werbung – und kennzeichnungspflichtig.
Was droht Unternehmen bei fehlender Kennzeichnung?
Was manche nicht wissen: Bei Wettbewerbsverstößen haftet nicht nur der Blogger oder Influencer, sondern auch das Unternehmen, das mit ihm zusammenarbeitet. Und die möglichen Ordnungsbußen sind heftig (bis zu 250.000 Euro). Genaue Absprachen (und anschließende Kontrolle) mit dem Kooperationspartner schützen diesbezüglich vor Ärger.